Rolf Stieger, Hamburg.

Künstler, Maler, Landschaftsmaler, Trüffelsucher

Ein Atelierbesuch in Hamburg-Winterhude, Greflingerstr. 7, um zu sehen und zu verstehen, wie seine Werke entstehen, ihm einfach zuschauen! Dazu müssen wir einige Stufen hinuntersteigen, ins Souterrain nebenan…

Zunächst überrascht die Enge und Fülle, die Vielzahl von Leinwänden und Rahmen, Farbtuben, Staffeleien, Lappen, Eimern, Handschuhen, Spachtel, der Geruch nach Ölfarbe, fast wie auf einer Baustelle auch nach Lösemitteln. Überall findet sich Schleifstaub, Spritzer, Farbreste…

Soweit nichts Ungewöhnliches…. Ein Künstler-Atelier halt! Aber da gibt es noch mehr…

Es läuft stets Musik, immer gitarrenlastig, eher ruhig und getragen, melodisch: Neil Young oder Giant Sand. Manchmal spielt er auch selbst Gitarre, neben einem kleinen Marshall-Verstärker steht in der Ecke auf dem Sofa meist eine Gitarre.

Noch etwas fällt auf:

Die vollen Regale, die eher an das Versuchslabor eines Alchemisten erinnern. Gefüllt mit Fotoentwickler, Heizkörperlack, Abbeizer, Bitumen (der Naturasphalt, dessen Materialverhalten immer von der Umgebungstemperatur abhängig ist…), Holzschutzlasuren und Kartuschen mit PU-Montageschaum!! Diese klebrige, sich unkontrolliert ausdehnende Masse, die ich schon als Tischler so gehasst habe, und verschiedene Elektrowerkzeuge wie eine Flex oder Trennjäger und ein Mini-Bohr- und Fräsgerät, welches eher an die Werkstatt eines Modellbauers oder Zahntechnikers denken lässt!

Ein Zitat von Rolf Stieger: „Mein Tun sehe ich als harte Arbeit an, es ist ein Malen mit vollem Körpereinsatz.“

Es wird geschäumt, mit Abbeizer übergossen oder dieser aufgespachtelt, immer wieder gibt es ein Absprengen von Materialien, eine eher bildhauerische Bearbeitung. Es wird gemischt, geschüttelt, gegossen, gespachtelt, abgenommen, gezielt aufgetragen und dann übermalt…

Diese Industriematerialien wachsen fast ganz von selbst, machen sich aber bald auch malerisch bemerkbar – immer durch Rolfs Stiegers Hinzutun, sein Eingreifen, seine Handschrift, seine Kunst, sein Werk.

Ein Prozess der Unberechenbarkeit, der Ungewissheit. Es gibt mehrere Schüttungen und Schüttelungen…Vieles ist möglich, alles ist zulässig: Gießen, Flexen und Fräsen, Malen…

Die Kunstgeschichte wird über ihn sagen: Er hat die Malerei der 60er Jahre weiterentwickelt. Deren Credo war es ja, den Werkstoff zu befreien von der Unterordnung unter die Form… Dabei wurde Rolf Stieger (er ist Jahrgang 1960, geboren in Kempen am Niederrhein) doch genau hineingeboren in die 60er (eine Zeit, in der Maler wie Gerhard Richter, Sigmar Polke, Georg Baselitz oder Blinki Palermo erst begonnen haben mit ihrer Malerei, schockiert haben, revolutioniert…). Doch Rolf Stieger macht etwas Eigenes, davon können wir uns hier zwischen seinen Bildern überzeugen…

Sie zeigen keine Idylle! Er ist risikobereit, kraftvoll, energie-geladen, will stets einen Zustand verändern durch Zweckent-fremdung der Materialien oder durch Zufälle. Und dann durch seine Eingriffe etwas Neues Schaffen.

„Man möchte jadoch sich selbst überraschen, etwas Neues machen…“ hat er mal gesagt.

Die Leere der Leinwand ist für ihn hilfreich. Kaum Aufgetragen folgt ein Drehen. Zunächst gibt es kein Oben und kein Unten im Bild, alles ist erlaubt und zulässig, eine fast unberechenbare Verwandlungsfähigkeit. Eine Komposition entsteht dennoch.

Dann immer wieder das Wechselspiel des Hinzufügens und Wegnehmens, Flexen und Malen, Motiv und Technik werden abstrahiert und auch immer zerstört und sodann wiedererschaffen. Erst wenn die Fließeigenschaften der verschiedenen Materialien sich gelegt haben, die Werkstoffe ihre physikalischen Möglichkeiten der Veränderung verloren haben, erst dann greift er in diesen Prozess malerisch und bildhauerisch ein.

So sind auch die ausgestellten Landschaften entstanden, womit der kurze überraschende Atelierbesuch beendet ist.

Bilder, bis auf eine Ausnahme alle seit 2010 entstanden, bis auf eine andere Ausnahme (der Riss) alles Landschaften.

Neue Landschaften. Sie sind eine Weiterentwicklung von Überliefertem, Landschaften mit ihren Sehnsuchtsvorstellungen, die durchaus in der Tradition des Landschaftsbildes stehen, in der sich Rolf Stieger auch selbst sieht. Neue Landschaften mit einer Vertrautheit und Irreführung, einer Balance von Erkennen und Nichterkennen zugleich.

Am Ende ist hier nur ein Ausschnitt seiner Arbeit ausgestellt. Oft malt er auch deutlich weniger abstrakt: Portraits, Wimmelbilder oder Übermalungen von Architekturfotografien und Vieles mehr wäre zu entdecken bei einer weiteren Begegnung. Entdecken müssen sie nun selbst, bei einem Atelierbesuch, auf der homepage von Rolf Stieger, bei facebook oder youtube oder eben hier in der Agentur YOOlabs!

Noch einmal sei er selbst zitiert:

„Im Grunde arbeite ich wie ein Trüffelschwein, das sich im Wald herumtreibt und auch nicht im Voraus weiß, wie und wo es fündig wird.“

Nun entlasse ich Sie auf

o   die Entdeckungsreise zu den Details und Techniken seiner Bilder

o   einen Spaziergang in seinen Landschaften

o   die Suche nach den Trüffeln…quasi…werden sie fündig!

 

 

Ralf Buchholz, Hamburg, 13. November 2014