Die Frauenbilder von Inga Aru sind auf den ersten Blick schemenhaft, geradezu verhuscht – nicht greifbar. Hier geht es nicht um die Abbildung der Wirklichkeit, sondern um die Sichtbarmachung eines Zustandes. Abstraktes und Figurales werden meisterlich verwoben. Sensible, dynamisch strukturierte Räume üben auf uns eine große Suggestionskraft aus. Sobald wir uns in die Frauenbildnisse vertiefen, entstehen weitere Ebenen, und wir werden förmlich in eine andere Realität hineingezogen. Diese andere Ebene gibt den Blick auf das Eigentliche frei. Es werden Emotionen und Stimmungen geweckt. Gleichzeitig entziehen sich die Figuren immer wieder unserem Zugriff und tauchen in eine nahezu mystische Welt ein. Dabei setzt die Malerin mit großer Sensibilität expressive Farbflächen gegen impressionistisch anmutende Lichterscheinungen, die fragmentarisch nebeneinander gestellt werden.

 

Inga Aru lässt uns mit unserer Interpretation viel Raum. Es stehen Elemente zusammen, die unsere Sehgewohnheiten hinterfragen. Entschlüsseln wir alle Zitate? Was ist Vordergrund, was Hintergrund? Gibt es einen Horizont? Sehen wir eine Szene in der Natur oder nur den Gedanken an Natur? Zeit und Raum scheinen fließend, und das Selbst muss sich neu definieren. Die skizzenartige Malweise unterstreicht die vage gehaltenen Bildaussagen. Frauen, die sich begegnen – in Freundschaft – im Disput? Die Antwort hat mit unserem Befinden zu tun. Inga Aru lässt uns gewähren.

 

Für den flüchtigen Blick sind diese Bilder nicht geeignet. Sie verdienen es, dass wir uns in sie vertiefen und sie immer wieder neu entdecken.

 

Sabrina Buchholz